Kaufhausfront statt Hotelfassade

WIEDERSEHEN! Bis 1941 existierte das Hotel Engel als einer der ältesten Gasthöfe der Stadt an der Engelstraße .

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  2. Heute zeigt eine ähnliche Perspektive links neben dem Kornhaus ein Stück des Karstadt-Gebäudekomplexes. Foto: Michael Bamberger

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  4. Als „modernes Haus direkt am Münster“ bezeichnete sich das bis 1941 an der Engelstraße betriebene Hotel Engel. Das anschließend von Behörden genutzte Haus wurde beim Bombenangriff 1944 zerstört. Foto: Archiv  Gallo

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    Heute zeigt eine ähnliche Perspektive links neben dem Kornhaus ein Stück des Karstadt-Gebäudekomplexes. Foto: Michael Bamberger

INNENSTADT. Etwa 115 Jahre alt ist die historische Lithographie rechts, die als undatierte Glückwunschkarte zum neuen Jahr von Alexander Beckert und Familie verwendet wurde. Sie wurde hergestellt von der Lahrer Kunstanstalt Schmidt mit dem Hotel Engel als Hauptmotiv, das einst in der Engelstraße nahe dem Münsterplatz stand. Der Engel – nicht zu verwechseln mit dem heutigen "Goldenen Engel", Münsterplatz 14 – ist auch auf dem Übersichtsbild links vom Kornhaus zu sehen.

Das Hotel Engel wurde von 1872 bis 1920 und somit fast ein halbes Jahrhundert lang zunächst von Alexander Beckert und anschließend von seinem Schwiegersohn Richard Quilitzsch betrieben. Alexander Beckert (1839 bis 1902) stammte aus Kirchhofen. Nach dem Besuch der Volksschule widmete er sich dem Hotelfach und wurde Kellner. Beckert galt als zielstrebig, fleißig und beliebt. Deshalb konnte er zum 1. Juli 1872 von Franz Müller aus eigener Kraft den Gasthof zum Engel kaufen, der seine Existenzgrundlage wurde. Zu diesem Zeitpunkt bestand der Engel jedoch nur aus einem zweigeschossigen Gebäude.

Im Dezember 1873 heiratete der 34-jährige Alexander Beckert die damals 20-jährige Amalie Wissert aus Endingen. In dieser Ehe sind 1875 bis 1880 die drei Kinder Maria Antonia, Frieda Luise und Alex geboren worden. Gemeinsam mit seiner tüchtigen Frau gelang es Alexander Beckert, den Betrieb erheblich zu verändern. Das Gasthofgebäude wurde innen nicht nur zeitgemäß eingerichtet, sondern auch aufgestockt und außen repräsentativer gestaltet. Außerdem war durch Zukauf eines angebauten Hauses, das für den Gasthofbetrieb hergerichtet worden war, mehr Raum und letztlich ein Hotel entstanden.

1898 zog sich Alexander Beckert, der in Freiburg wiederholt als Stadtverordneter gewählt worden war, ins Privatleben zurück. Den Engel übergab er Richard Quilitzsch, der mit Beckerts ältester Tochter Maria Antonia, genannt Antoinette, verheiratet war und den Engel bis 1920 weiterführte.

Als neuer Besitzer eröffnete Gottlob Keller den vollständig renovierten Engel dann am 26. März 1920, nachdem er einen Tag zuvor die erforderliche Konzession erhalten hatte.

Er betrieb den Engel immerhin zwölf Jahre und unterhielt in seinem Lokal die Gäste ab August 1929 mit einem Welte-Mignon-Klavier, das bis Mitternacht spielen durfte. Das Welte-Mignon-Reproduktionsklavier war ein mechanisches Musikinstrument, das erstmals die automatische Wiedergabe von Klavierstücken ermöglichte.

In den 1930er Jahren hatte das Hotel 50 Zimmer mit 60 Betten sowie Speisesaal, Lesezimmer und zwei Weinstuben.

Nach weiteren Eigentümern und Wirten kam 1941 das Ende des Engels, der bis dahin zu den ältesten Gasthöfen Freiburgs zählte und nach dem auch die heutige Engelstraße benannt ist. Bereits im Freiburger Adressbuch von 1813, welches das älteste Adressbuch der Stadt ist, wurde der Engel als Schildwirtschaft aufgeführt. Sicherlich war er aber sehr viel älter. Immerhin waren 1941 die Hauptgebäude zur Straße nach den Unterlagen der Feuerversicherung schon 260 bis 270 Jahre alt. Gekauft hat das Anwesen 1941 der Staat, der Büroräume für Behörden einrichtete. Als erste sind die Kriminalpolizei und die Preisüberwachungsstelle eingezogen.

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Anwesen beim Bombenangriff auf Freiburg am 27. November 1944 vollständig zerstört und nicht wieder aufgebaut. Heute befinden sich auf dem Engelgrundstück Teile des Karstadt-Warenhauses.